Grenzen des Notwehrrechts: Ausraster kostet Busfahrer auch nach 25 Beschäftigungsjahren den Arbeitsplatz

24.05.2024

So sehr man so manche Reaktionen im Alltag anderer sogar nachvollziehen kann, blieb es auch im folgenden Fall dabei, dass Straftaten am Arbeitsplatz das Arbeitsverhältnis gefährden. Das Arbeitsgericht Göttingen (ArbG) musste hier nicht etwa die Renitenz eines alkoholisierten Fahrgasts bewerten, sondern vielmehr die entsprechende Reaktion eines Busfahrers.

Der Mann war bereits 25 Jahren bei den Göttinger Verkehrsbetrieben als Busfahrer beschäftigt, als er einen Fahrgast gewaltsam von seinem Sitz gezogen und aus dem Bus geworfen hatte. Nachdem der Fahrgast auf den Boden gefallen und wieder aufgestanden war, soll der Busfahrer ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Was folgte, war zu ahnen: Der Busfahrer erhielt eine fristlose Kündigung. Doch er verteidigte sich damit, dass der Fahrgast alkoholisiert gewesen sei und eine junge Frau belästigt habe. Außerdem habe er sich geweigert, einen Fahrausweis zu zeigen, und ihn beleidigt. Trotz Aufforderung habe er den Bus nicht verlassen. Deshalb habe er ihn rausgeworfen. Nach dem Rauswurf habe sich der Fahrgast mit einer Getränkedose in der Hand drohend auf ihn zubewegt. Daraufhin habe er im Affekt eine Abwehr- bzw. Schlagbewegung vollführt. 

Obwohl die Auffassungen des Busfahrers durch die Überwachungskameras im Wesentlichen bestätigt wurden, verlor er vor dem ArbG seine Klage gegen die Kündigung. Sein Verhalten stellte eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung dar. Zwar erkannte das Gericht durchaus an, dass schwierige Fahrgäste für Busfahrer eine große Belastung darstellen. Vorliegend hätte der Fahrer aber die Leitstelle oder die Polizei anrufen können und auch müssen, nachdem der Fahrgast den Bus nicht freiwillig verlassen wollte. Eine vorherige Abmahnung war hier ebenfalls nicht erforderlich. Deshalb wies das ArbG die Kündigungsschutzklage ab.

Hinweis: Der Busfahrer kann gegen das Urteil noch Berufung einlegen. Vieles spricht jedoch dafür, dass das Urteil arbeitsrechtlich korrekt ist. Die Rechtsordnung der Bundesrepublik sieht ein Notwehrrecht nur in sehr engen Grenzen vor. Wenn irgendwie möglich, sollte die Polizei verständigt werden.

ArbG Göttingen, Urt. v. 23.01.2024 - 1 Ca 219/23

Haftungsausschluss

Der Inhalt dieses Blogbeitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Vor dem Hintergrund der Komplexität und des ständigen Wandels der Rechtsmaterie schließen wir die Haftung und Gewähr für den Inhalt dieses Blogbeitrages aus. Dieser Blogbeitrag ersetzt nicht die individuelle persönliche Beratung durch einen Rechtsanwalt und/oder Steuerberater.

Kontaktformular für unverbindliche Mandatsanfragen

Ich habe die Datenschutzinformationen zur Kenntnis genommen. Ich stimme zu, dass meine Angaben ausschließlich für die Kontaktaufnahme und für Rückfragen gespeichert werden.

Schreiben Sie unsTermin vereinbaren040 / 37 68 04 0Zum Seitenanfang