Der Erbschein – Warum und in welchen Fällen Sie ihn brauchen

22.12.2020

Was ist ein Erbschein?

Der Erbschein ist ein amtliches Zeugnis mit dem Zweck, auszuweisen, welche Person bzw. Personenmehrheit den Erblasser beerbt und wie groß der jeweilige Erbteil ist. Daneben kann dem Erbschein entnommen werden, ob der Erbteil des ausgewiesenen Erben mit Beschränkungen, wie beispielsweise einer Testamentsvollstreckung, belastet ist. Dem Erbschein wohnt der öffentliche Glaube inne. Dritte dürfen also auf die Richtigkeit der Angaben aus einem Erbschein vertrauen.

Ist lediglich ein Erbe vorhanden, wird auf seinen Antrag hin ein Alleinerbschein ausgestellt. Bei einer Erbengemeinschaft hingegen muss zwischen einem „Teilerbschein“, also einem Erbschein für einen Miterben über seinen Erbteil, einem „gemeinschaftlichen Erbschein“, einem Erbschein für alle Miterben über alle Erbteile oder einem „gemeinschaftlichen Teilerbschein“, also einem Erbschein für mehrere der Miterben über deren Erbteile, unterschieden werden.

 Wann braucht man einen Erbschein?

Die Frage, in welchen Fällen Erben einen Erbschein benötigen, ist regelmäßig der Beginn von Missverständnissen. Verbreitet ist in diesem Zusammenhang auch der Irrtum, man müsse etwas aktiv unternehmen, um überhaupt Erbe zu werden. Dies ist nicht der Fall. So sind es nach einem Erbfall oftmals die kontoführenden Kreditinstitute des Erblassers, welche das zwingende Erfordernis eines Erbscheins trotz entgegenstehender Rechtslage weiterhin behaupten und auf diesem Wege für Verwirrung auf Seiten des bzw. der Erben sorgen.

Zwar dürfte insbesondere vor dem Hintergrund des Vertrauensschutzes hinsichtlich des Inhalts des Erbscheins nicht schwer fallen, Verständnis für all` diejenigen aufzubringen, welche sicherheitshalber auf die Vorlage eines Erbscheins hoffen. Tatsächlich wird ein Erbschein in vielen Erbfällen jedoch nicht erforderlich sein; er wird daneben in der Regel nicht – als eine der ersten Maßnahmen nach Eintritt des Erbfalls – erforderlich sein. Die Vorlage eines Erbscheins ist, selbst wenn im Einzelfall keine über den Tod hinaus bestehende Vorsorgevollmacht des Erblassers vorliegt, im Besonderen gerade nicht regelhaft für die Abwicklung der Bankgeschäfte des bzw. der Erben unter Nutzung des Nachlasskontos, ebenfalls nicht gegenüber Versicherungen und Bausparkassen zwingend. Es kann sich als lohnenswert erweisen, mit den dortigen Ansprechpartnern/innen ins Gespräch zu gehen.

Veranlasst durch die denkbare Verfahrensdauer für ein Verfahren auf Erteilung eines Erbscheines sowie die nicht unerhebliche Kostenfolge für die Erben sollte stets sorgfältig geprüft werden, ob der Nachweis der Erbfolge nicht auf anderem Wege als durch die Vorlage eines Erbscheins erbracht werden kann. Es existieren verschiedene Wege, um seine Erbenstellung darzulegen bzw. nachzuweisen. Neben dem Erbschein gelten auch das notarielle Testament sowie der notarielle Erbvertrag – sofern diese eine eindeutige Erbeinsetzung beinhalten – nebst Eröffnungsprotokoll als formeller Erbnachweis.

Erst dann, wenn mehrere Personen erben, gar kein Testament oder lediglich ein oder mehrere handschriftliche Testamente vorliegen, dürfte es angezeigt sein, das Erbscheinverfahren durchzuführen, um einen Erbschein zu erlangen.

Wie bekommt man einen Erbschein?

Der Erbschein kann beim zuständigen Nachlassgericht beantragt werden. Es handelt sich um eine gesonderte Abteilung bei dem für den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zuständigen Amtsgericht.

Bei der Antragstellung muss der Antragsteller diejenigen Tatsachen, auf denen sein Antrag beruht, durch öffentliche Urkunden (Sterbeurkunde, Personenstandsurkunden, Familienstammbuch, etc.) und/oder eine eidesstattliche Versicherung nachweisen. Testamente müssen dem Nachlassgericht im Original vorgelegt werden (sog. Ablieferungspflicht).

Bei Auslandsbezug: Das Europäische Nachlasszeugnis

Bei Erbfällen mit EU-Auslandsbezug, also in Fällen, bei denen sich Teile des Nachlasses im Ausland befinden oder der Erblasser dort seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt begründet hatte, ist nach der sog. EU-Erbrechtsverordnung die Beantragung eines Europäischen Nachlasszeugnisses („Europäischer Erbschein“) möglich. Dieser dient ebenfalls als formelles Legitimationspapier, welchem innerhalb der Mitgliedstaaten der EU mit wenigen Ausnahmen das öffentliche Vertrauen innewohnt. Zu beantragen ist das Nachlasszeugnis ebenfalls beim jeweiligen Nachlassgericht, abhängig vom letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers.

Gerne stehen wir Ihnen für Ihre ergänzenden Fragen rund um das Thema Erbschein kurzfristig zur Verfügung.

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