Ermittlung des Substanzwertes bei der Erbschaftsteuer

Bei der Vererbung einer GmbH-Beteiligung kann der Wert der Beteiligung nach dem sog. vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelt werden, wenn der Wert nicht aus zeitnahen Verkäufen abgeleitet werden kann. Beim vereinfachten Ertragswertverfahren darf aber der sog. Substanzwert nicht unterschritten werden. Die künftige steuerliche Belastung aus einer Liquidation darf nicht wertmindernd angesetzt werden, solange die Liquidation noch nicht beschlossen, sondern lediglich beabsichtigt ist.

Hintergrund

Beteiligungen an Kapitalgesellschaften werden mit dem gemeinen Wert berücksichtigt, d.h. mit dem Verkehrswert. Liegen keine aktuellen Verkäufe vor, aus denen der gemeine Wert abgeleitet werden kann, kann ein sog. vereinfachtes Ertragswertverfahren angewendet werden; dabei wird der nachhaltig erzielbare Jahresertrag kapitalisiert.

Streitfall

Der Kläger erbte im Jahr 2012 eine Beteiligung an einer Immobilien-GmbH, die nicht mehr operativ tätig war, sondern lediglich ein nicht genutztes Grundstück besaß. Im Jahr 2014 beschloss der Kläger die Liquidation der GmbH. Das Finanzamt ermittelte den Wert der GmbH, zog dabei aber die sich aus der Liquidation ergebende Ertragsteuerbelastung nicht ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) berücksichtigte ebenfalls keine Steuerbelastung aufgrund der Körperschaftsteuer, des Solidaritätszuschlags zur Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer und wies die Klage ab:

  • Der gemeine Wert einer GmbH-Beteiligung kann aus Anteilsverkäufen, die zeitnah vor dem Erbfall erfolgt sind, abgeleitet werden. Solche Verkäufe gab es im Streitfall jedoch nicht.
  • In Betracht kommt aber auch das sog. vereinfachte Ertragswertverfahren, das sich am nachhaltig erzielbaren Ertrag orientiert und diesen mit einem Kapitalisierungsfaktor multipliziert. Bei diesem Verfahren darf aber der sog. Substanzwert nicht unterschritten werden; dies ist die Summe der einzelnen gemeinen Werte des Aktivvermögens, gemindert um die Schulden. Eine besondere Ausprägung des Substanzwertes ist der Liquidationswert, bei dem die erzielbaren Nettoerlöse um die Schulden und Liquidationskosten gemindert werden.
  • Im Streitfall war im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin eine Liquidation lediglich beabsichtigt, aber noch nicht beschlossen. Daher darf die ertragsteuerliche Belastung, die sich aus der Liquidation ergeben würde, noch nicht berücksichtigt werden. Denn es lässt sich noch nicht absehen, ob, wann und in welcher Höhe es zu einer steuerlichen Belastung kommen wird.

Hinweise

Im Ergebnis kann es zu einer steuerlichen Doppelbelastung kommen, weil die ertragsteuerliche Belastung bei der Erbschaftsteuer nicht berücksichtigt wird. Eine solche Doppelbelastung ist nach dem BFH aber in einem Steuersystem, das aus einer Vielzahl aus Steuern besteht, hinzunehmen.

Werden die Anteile an einer Kapitalgesellschaft an der Börse gehandelt, kann ihr Börsenkurs zugrunde gelegt werden.

BFH, Urteil v. 27.09.2017 – II R 15/15: NWB

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